Was sich über den Verlauf des Jahres 2018 angedeutet hatte, ist nun Gewissheit: Nachdem der Autokonzern bereits zwei Gewinnwarnungen herausgegeben hatte, verzeichnet Daimler nun einen Gewinneinbruch. Lag das EBIT-Ergebnis (vor Zinsen und Steuern) 2017 noch bei 14,3 Milliarden Euro, ist es 2018 auf 11,1 Milliarden Euro zurückgegangen. „Für Daimler war 2018 ein Jahr mit starkem Gegenwind. Das hat sich auch in unseren Ergebnissen und unserem Aktienkurs niedergeschlagen“, sagt der scheidende Vorstandsvorsitzende Dieter Zetsche.
Die Gründe: Handelsstreit, WLTP, Diesel etc.
Damit sank das Konzernergebnis von 10,6 auf 7,6 Milliarden Euro. Auch die Dividende schrumpft von 3,65 auf 3,25 Euro pro Aktie. Entsprechend enttäuscht zeigen sich die Anleger: Obwohl der Gesamtabsatz von 3,3 auf 3,4 Millionen Fahrzeuge stieg und der Umsatz von 164,2 auf 167,4 Milliarden Euro wuchs, gab die Aktie am Mittwochvormittag (6. Februar 2019) um mehr als zwei Prozent nach. Während der Absatz von Lastwagen, Bussen und Vans kräftig wuchs, ging es bei Mercedes-Benz Cars kaum voran; hier stagnierte der Absatz (+0,4 Prozent).
Für den Gewinneinbruch gab es viele Gründe. Zum Beispiel den globalen Handelsstreit, der Zölle – vor allem auf den wichtigen Märkten USA und China – mit sich brachte. Oder die Umstellung auf das neue Spritverbrauch- und Abgas-Testverfahren WLTP. Auch habe es einen signifikanten Anstieg der Rohmaterialkosten sowie Wechselkurseffekte gegeben und sei man in hohe Vorleistungen für die Modelloffensiven und für innovative Technologien gegangen. Hinzu kommt, dass auch Daimler wegen des Diesel-Skandals Gelder aufwenden oder zurückstellen muss. „All das hat sich auch in unseren Ergebnissen und unserem Aktienkurs niedergeschlagen“, kommentiert Zetsche.
Rückruf, Rabette, Auslieferungsverzögerungen
Eingeschlossen in die Aufwendungen für die Dieselkrise dürfte beispielsweise der Rückruf von 690.000 Selbstzündern in ganz Europa sein, in denen das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) unzulässige Abschalteinrichtungen beanstandet hat. Ein weiterer Kostenfaktor sind die Dieselprämien, die Mercedes in Regionen Deutschlands gewährt, in denen die Schadstoffbelastung besonders hoch ist. Dort zahlt Mercedes bis zu 10.000 Euro, wenn Besitzer alter Diesel diese gegen neue (oder junge gebrauchte), sauberere Modelle umtauschen.
Probleme machten außerdem geringere Absätze infolge von Auslieferungsverzögerungen bei Mercedes-Benz Vans – was einen Zusammenhang mit der Abgasproblematik nicht ausschließt. Außerdem habe Daimler wegen einer „aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs Risikovorsorge für eine möglicherweise erforderliche Umrüstung bestimmter Fahrzeuge getroffen, die noch mit dem früher verwendeten Kältemittel R134a ausgestattet sind“. Zu allem Überfluss ist die Nachfrage nach Bussen in einzelnen Märkten rückläufig.
Die Zahlen im Überblick:
Konzernabsatz plus 2,4% auf 3,4 (i.V. 3,3) Mio. Fahrzeuge
Konzernumsatz steigt um 2% auf 167,4 (i. V. 164,2) Mrd. €
Konzern-EBIT mit 11,1 (i. V. 14,3) Mrd. € auf hohem Niveau
Konzernergebnis von 7,6 (i. V. 10,6) Mrd. €
Dividende in Höhe von 3,25 (i.V. 3,65) € pro Aktie vorgeschlagen
Trotz der schlechten Zahlen gab sich Dieter Zetsche gelassen und sagte auf Nachfrage zu seinen Gefühlen anlässlich seiner letzten Bilanz-Vorlage als Konzernchef: „Ich bin mit mir total im Frieden. Wichtig ist, wie sich das Unternehmen weiterentwickelt und das wir mit einem exzellenten Team in die nächsten Jahre gehen“.
Klar definierte Umsatzrenditen für die Zukunft
Die nächsten Jahre werden für den Stuttgarter Konzern keine leichten werden. Das ließen Konzernchef Dieter Zetsche und Chef-Finanzer Bodo Uebber unumwunden durchblicken. Zwar ist Mercedes mit 2,3 Millionen Pkw weiterhin die führende Premiummarke im Reigen der deutschen Wettbewerber, dennoch „werden wir unsere Anstrengungen beim Thema Effizienz nochmals verstärken“, so Zetsche. Für 2019 wurden deshalb die Ergebnisziele in Profitabilitätsziele umgewandelt. „Wir stellen eine Verbindung zwischen den Prognosen für das laufende Geschäftsjahr und unseren strategischen Zielrenditen her“. Das heißt im Klartext, dass das Geschäftsfeld Mercedes-Benz Cars (MBC) eine Umsatzrendite im Korridor von 6 bis 8 Prozent erreichen soll. Der Unternehmensbereich Mercedes-Benz Vans soll 5 bis 7 Prozent erwirtschaften. Beim Unternehmensbereich Financial Services, in dem auch die meisten neuen Mobilitätsservices firmieren, soll die Umsatzrendite sogar in der Bandbreite zwischen 17 bis 19 Prozent liegen.
Da die Prognosen für Mercedes-Benz Cars und Mercedes-Benz Vans unter den Erwartungen in punkto langfristige Zielrenditen des Konzernchefs liegen, „können und wollen wir nicht zufrieden sein. Deshalb haben wir begonnen, umfassende Gegenmaßnahmen zu erarbeiten. Unser Anspruch ist, bis 2021 wieder in unseren angestrebten Renditekorridor von 8 bis 10 Prozent zu kommen“, erläuterte Zetsche. Das bedeutet insbesondere für den Van-Bereich entsprechende Einschnitte und Sparmaßnahmen. Welche genau in Erwägung gezogen werden, ließ Zetsche jedoch offen. Auf Nachfrage sagte er nur, er werde bis zur Hauptversammlung am 22. Mai sein Möglichstes leisten.
Zetsche: „Wir investieren weiterhin kräftig“
Zetsche sagte, dass für alle Divisionen gelte, dass ein profitables Geschäft die Voraussetzung ist, um auch künftig in neue Technologien und Produkte investieren zu können. Das taten die Stuttgarter 2018 in entsprechender Höhe: für Forschung- und Entwicklung gaben sie insgesamt 9,1 Milliarden Euro aus. „Mit Blick nach vorn halten wir die Investitionen im Jahr 2019 auf diesem hohen Vorjahresniveau“, so Zetsche. Die Mittel fließen in neue Fahrzeugmodelle, neue Antriebe, bessere Sicherheitstechnologien sowie ins automatisierte und autonome Fahren und die digitale Vernetzung. „Wir investieren weiterhin kräftig, um den technologischen Wandel in unserer Branche federführend zu gestalten“, kündigte der Noch-Daimler-Chef an.
Der Autoabsatz in China sank 2018 um sechs Prozent – der erste Rückgang seit mehr als zwei Jahrzehnten. Für Daimler war das China-Geschäft dennoch eher ein Lichtblick: Dort steigerte Mercedes seinen Pkw-Absatz um 10 Prozent auf 678.000 Fahrzeuge – davon mehr als 70 Prozent aus lokaler Produktion. Der Umsatz blieb jedoch annähernd gleich. Rund 30.000 GLE- und GLS-Modelle, die in den USA gefertigt wurden, um anschließend in China an chinesische Kunden ausgeliefert zu werden, waren im vergangenen Geschäftsjahr vom Handelsstreit zwischen USA und China betroffen. Durch etwaige Strafzölle verteuert sich der Export der in den USA hergestellten Autos. Die Folge: Absatzzahlen, Gewinne und Margen sinken.
Wegen solcher Rahmenbedingungen gab Daimler im Jahresverlauf bereits zwei Gewinnwarnungen heraus. Nachdem der Konzern bereits im Juni seine Erwartungen für 2018 nach unten schrauben musste, gab es im Oktober eine weitere Gewinnwarnung. Für 2019 geht Daimler aber wieder von leichten Steigerungen bei Absatz, Umsatz und EBIT-Ergebnis aus.