Obwohl gefährliche Fahrgewohnheiten wie Alkohol am Steuer, Geschwindigkeitsüberschreitungen oder die Nutzung von Mobiltelefonen beim Fahren allgemein abgelehnt werden, gibt eine beträchtliche Anzahl von Fahrern zu, sich regelmäßig an diesen riskanten Praktiken zu beteiligen.
Wir Deutschen sind weniger heuchlerisch
Die Studie untersuchte die Fahrgewohnheiten in 22 europäischen Ländern und berechnete für jedes eine sogenannte "Heuchelei-Rate". Dabei ergab sich, dass Fahrer aus Bosnien und Herzegowina, Griechenland und Luxemburg besonders häufig diese Widersprüchlichkeit aufweisen, während Fahrer im Vereinigten Königreich, Deutschland und Polen zu den am wenigsten heuchlerischen zählen.
Sieben riskante Verhaltensweisen im Straßenverkehr
Die Analyse konzentrierte sich auf sieben problematische Verhaltensweisen, die sowohl von ihrer Gefährlichkeit als auch von der Diskrepanz zwischen öffentlicher Akzeptanz und tatsächlichem Verhalten analysiert wurden:
- Fahren unter Drogeneinfluss: Obwohl nur wenige Europäer den Konsum von Drogen am Steuer für akzeptabel halten (in 19 Ländern weniger als 3 %), gibt eine beträchtliche Anzahl von Fahrern zu, unter Drogeneinfluss gefahren zu sein. In Ländern wie dem Vereinigten Königreich liegt diese Quote sogar über 10 %. In der gesamten EU verurteilen die meisten Menschen dieses Verhalten, aber das tatsächliche Vorkommen bleibt hoch. Insbesondere der Einfluss von Drogen auf die Reaktionsfähigkeit im Straßenverkehr macht dies zu einer der gefährlichsten Praktiken.
- Alkohol am Steuer: Trotz der bekannten Gefahren bleibt Trunkenheit am Steuer ein hartnäckiges Problem in Europa. Laut der Studie geben in vielen Ländern mehr als 10 % der Fahrer an, in den letzten 30 Tagen unter Alkoholeinfluss gefahren zu sein. Besonders problematisch ist die Situation in Luxemburg, wo fast ein Viertel der Fahrer zugibt, unter Alkoholeinfluss gefahren zu sein. Hier zeigt sich eine deutliche Diskrepanz zwischen öffentlicher Ablehnung und realem Verhalten.
- Nicht-Anlegen des Sicherheitsgurts: In Ländern wie Bosnien und Herzegowina gibt fast die Hälfte der Fahrer zu, sich nicht anzuschnallen, obwohl dies als die grundlegendste Sicherheitsmaßnahme gilt. Diese Praxis erhöht das Risiko schwerer oder tödlicher Verletzungen bei Unfällen erheblich. Länder wie Luxemburg und Portugal schneiden hier am besten ab, wo weniger als 5 % der Fahrer ohne Gurt unterwegs sind.
- Nicht-Sicherung von Kindern im Auto: Auch bei der Sicherung von Kindern gibt es große Unterschiede. In vielen Ländern versäumen es Eltern, ihre Kinder ordnungsgemäß in einem Kindersitz zu sichern. Besonders in den Niederlanden, wo mehr als 25 % der Fahrer in den letzten 30 Tagen keine Kindersicherung genutzt haben, zeigt sich eine besorgniserregende Tendenz. Dabei senkt die Nutzung von Kindersitzen das Risiko schwerer Verletzungen um bis zu 60 %.
- Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung: Trotz weit verbreiteter Freisprechtechnologie bleibt die Nutzung von Handys während der Fahrt in vielen Ländern ein Problem. Bis zu 40 % der Fahrer in Ländern wie Bosnien und Herzegowina, Finnland und Griechenland geben zu, ohne Freisprecheinrichtung telefoniert zu haben. Studien zeigen, dass selbst Freisprechanrufe die Reaktionszeit erheblich verlangsamen, was das Risiko für Unfälle erhöht.
- Lesen von Nachrichten während der Fahrt: Eine der gefährlichsten Ablenkungen im Straßenverkehr ist das Lesen von Nachrichten oder die Nutzung sozialer Medien. Obwohl nur 5 % der Europäer dies als akzeptabel einstufen, geben in mehreren Ländern mehr als 30 % der Fahrer zu, dies regelmäßig zu tun. Besonders alarmierend ist, dass diese Verhaltensweise in Ländern wie Schweden, Österreich und Finnland weit verbreitet ist, trotz ihrer bekannten Risiken.
- Geschwindigkeitsüberschreitungen: Geschwindigkeitsübertretungen sind die häufigsten Verstöße, die in der Studie identifiziert wurden. In 18 der 22 Länder geben mindestens 50 % der Fahrer zu, regelmäßig schneller als erlaubt zu fahren. Auch hier zeigt sich eine deutliche Heuchelei: Obwohl überhöhte Geschwindigkeit als eine der Hauptursachen für tödliche Unfälle gilt, tolerieren viele Europäer dieses Verhalten, und die Hälfte der Fahrer gibt zu, es regelmäßig zu praktizieren.
Methodik der Studie
Die Analyse stützt sich auf Umfragedaten, die 2023 vom Brüsseler Vias-Institut in Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen zur Straßenverkehrssicherheit erhoben wurden. Befragt wurden Autofahrer aus 22 europäischen Ländern zu ihrer Einstellung gegenüber riskantem Fahrverhalten sowie zu ihrem eigenen Verhalten in den letzten 30 Tagen. Basierend auf diesen Angaben berechneten die Forscher die "Heuchelei-Rate" für jedes Land, indem sie die Diskrepanz zwischen öffentlicher Meinung und realem Verhalten für jede der sieben riskanten Verhaltensweisen analysierten.
Besonders gefährliche Verhaltensweisen wie Fahren unter Drogeneinfluss oder Alkohol wurden in der Bewertung stärker gewichtet, um den Schweregrad der verschiedenen Verhaltensweisen zu berücksichtigen. Dabei flossen auch wissenschaftliche Erkenntnisse über Unfallrisiken und Todesfälle in die Gewichtung ein. So wurden Alkoholkonsum mit 24 %, Drogenkonsum mit 22 % und das Lesen von Nachrichten auf dem Handy mit 17 % gewichtet, da diese Verhaltensweisen ein besonders hohes Risiko darstellen.