Diese mögliche Entscheidung kommt überraschend, da erst vor Kurzem der EU-Umweltkommissar Karmenu Vella eine Verschärfung der umstrittenen Grenzwerte in Aussicht gestellt hatte. Die Augsburger Allgemeine sieht diese Kehrtwende als „Etappensieg“ für Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, der sich seit mehreren Wochen für die Erhöhung der Grenzwerte stark gemacht hat.
Nur noch 13 Städte über dem Grenzwert
Als eine Hauptursache für die hohen Stickstoffdioxidwerte in Städten wurden die Abgase von Dieselfahrzeugen ausgemacht. Auf dieser Basis wurden mancherorts nach Klagen der Deutschen Umwelthilfe erste Fahrverbote in Städten für Diesel-Pkw ausgesprochen. 2018 lag Stuttgart mit 71 Mikrogramm an der Spitze der NO2-Belastungen in deutschen Städten, gefolgt von München und Kiel mit 66 beziehungsweise 60 Mikrogramm. In Deutschland liegen neuesten Erkenntnissen zufolge bis zu 61 Kommunen über dem noch aktuellen Grenzwert von 40 Mikrogramm. Über dem neuen Wert würden nur noch 13 Städte liegen.
Diesel wieder im Kommen
In der aktuellen Diskussion um Grenzwerte und Dieselfahrverbote hatte unlängst auch ein Positionspapier für Furore gesorgt. In dem von 112 Fachmedizinern unterzeichnetem Schreiben sahen die Experten keine wissenschaftlichen Belege für eine Gesundheitsgefahr durch Stickstoffdioxid und zweifelten die geltenden Grenzwerte an. Auch die Verbraucher schreiben den Diesel nicht ab. Die Zulassungszahlen aus dem Januar 2019 sehen einen Zuwachs des Diesel-Marktanteils von 33,3 auf 34,5 Prozent. Das war die erste Steigerung seit Beginn der Dieselkrise im Jahr 2015.
An den 40 Gramm wird nicht gerüttelt
Unterdessen reagiert die Europäische Kommission mit einem Dementi: „Die Europäische Kommission weist Medienberichte zurück, laut denen die Kommission Deutschland genehmige, den Grenzwert für Stickoxid in Deutschland auf 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft zu erhöhen. Das ist falsch.“ Der Grenzwert von 40 Mikrogramm im Jahresmittel sei EU-weit verbindlich und von den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament beschlossen worden. Daran werde nicht gerüttelt, heißt es.
„Wie die einzelnen Länder diesen Grenzwert erreichen, ist die alleinige Entscheidung eines jeden Landes. Deutschland hat am 12. November 2018 die EU-Kommission über den Kabinettsbeschluss zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes informiert, demzufolge Fahrverbote in Regionen mit Stickstoffdioxid-Belastungen bis zu einem Wert von 50 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel in der Regel nicht erforderlich seien, da der Grenzwert von 40 Mikrogramm durch andere Maßnahmen erreicht werden könne. Fahrverbote werden dabei allerdings nicht vollständig ausgeschlossen – liegen aber in der alleinigen Entscheidungskompetenz der Mitgliedstaaten.
Über das Notifizierungsverfahren bei der Kommission können technische Vorschriften bereits vor ihrem Erlass geprüft werden, um sicherzustellen, dass sie mit EU-Recht übereinstimmen. Die Europäische Kommission wird Deutschland noch heute (Mittwoch) fristgerecht antworten.“