Super E10 so teuer wie E5: Lohnt der grüne Treibstoff noch?

Super E10 so teuer wie E5
Lohnt sich E10 überhaupt noch?

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Foto: Ingolf Pompe

Die Diskussion um den Treibstoff E10 scheint neu entfacht. Der Grund: Die Preisdifferenz beträgt aktuell nur noch bis zu zwei Cent. An vielen Tankstellen Deutschlands gibt es gar keinen Unterschied mehr. Der Preisanpassung vorangegangen ist eine Änderung des deutschen Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG), die zum 1.1.2020 wirksam ist, welche die Treibhausminderungsquote von vier auf sechs Prozent ansteigen lässt. Soll heißen, die Mineralölkonzerne müssen mindestens sechs Prozent Biokraftstoffe (teurer in der Produktion) umsetzen. Gleichzeitig sollen mit Ländern wie Dänemark und Ungarn zusätzliche Abnehmer von Bioethanol hinzugekommen sein. Die Produktionskosten und die Nachfrage scheinen demnach gestiegen. Und da die Nachfrage den Preis bestimmt, ist dieser nun angestiegen. Dass vereinzelte Tankstellen E10 noch immer für zwei Cent weniger anbieten, „liegt am Preiskampf im freien Wettbewerb“, so der Pressesprecher des Mineralölwirtschaftsverbandes Alexander von Gersdorff. Der Verkaufsanteil von E10 lag im vergangenen Jahr bei rund 13 Prozent.

Zur Einführung des mit mindestens zehn anstatt fünf Prozent (Super) Ethanol versetzten Treibstoffes im Jahr 2011 betrug der Unterschied noch vier Cent. Für Autofahrer bot sich auf den ersten Blick ein großes Einsparpotenzial. Auf den zweiten jedoch nicht. Der Nachteil für den Autofahrer lag zur Einführung des Treibstoffes bei einem um 1,5 bis zwei Prozent erhöhten Kraftstoffverbrauch im Vergleich zum mit fünf Prozent Ethanol angereicherten Super-Benzin. Der Grund liegt in dem geringeren Energiegehalt, der etwa zwei Drittel des bisherigen E5-Kraftstoffs beträgt.

Was soll ich nun tanken: E10 oder E5?

Allerdings wurde der Mehrverbrauch durch vom Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe) am Jahresbeginn 2019 veranlasste Vergleichstests (durchgeführt vom ADAC) nach dem neuen WLTP-Messverfahren nicht bestätigt. Mehr noch: Die Tests zeigen, dass die Nutzung der Benzinsorte Super E10 nicht nur CO2-Emissionen, sondern auch den Stickoxid- und Feinstaubausstoß von Benzinern deutlich reduziert.

Hinzu kommt der Vorteil der Treibhausgaseinsparung unter Berücksichtigung des vollständigen Produktionsprozesses des Biokraftstoffs vom Anbau bis zur Auslieferung., wie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft erklärt: „Durch den Einsatz von E10 können jährlich in Deutschland gegenüber fossilen Kraftstoffen Treibhausgase eingespart werden, die rund zwei bis drei Millionen Tonnen Kohlendioxid entsprechen. Das ist etwa die Menge, die ein Mittelklassewagen ausstößt, wenn er weit über 10 Milliarden Kilometer fährt. Das entspricht etwa der Strecke, die das Auto zurücklegen würde, wenn es mehr als 250.000-mal die Erde umrunden würde.“

Wer also ein E10-taugliches Fahrzeug besitzt (Nach Angaben der EU-Kommission können aktuell mehr als 93 Prozent aller zugelassenen Benzinautos auf Europas Straßen Super E10 tanken) und es bislang mit E10 betankt hat, sollte es der Umwelt zuliebe auch weiterhin mit E10 betanken. Zudem ist im Laufe der kommenden Wochen ein erneuter Preisunterschied zugunsten des E10 an den Zapfsäulen zu erwarten, so dass sich der Umweltschutz auch wieder finanziell lohnt.

Jahn

Die Zukunft fährt noch grüner

Bei E10 ist jedoch noch lang nicht Schluss, wie eine Sprecherin von Shell gegenüber der „Welt“ erklärte: „Wir haben die Forschung zu E20 schon lange abgeschlossen.“ Was wiederum vor allem Europäer überraschen dürfte. Denn in Ländern wie Thailand oder Brasilien gehört E20 längst zum Spritangebot dazu. In Brasilien können sich Autofahrer sogar den Ethanolanteil beim Tanken selbst einstellen.

Die Hauptausgangsstoffe für die Ethanol-Herstellung sind in Deutschland Futtergetreide und Zuckerrüben. Aus diesem Grund ist in den meisten Fällen von Bioethanol die Rede. Rein chemisch gesehen gibt es keinen Unterschied zwischen Bioethanol (wird aus pflanzlichen Abfällen, Holz, Stroh oder Ganzpflanzen hergestellt) und synthetisch hergestelltem Ethanol (aus fossilen Kohlenstoffträgern). Sie bestehen aus der gleichen Verbindung: C2H5OH. Laut eines Artikels aus dem Ethanol Producer Magazine von Dr. Murry Tamers besteht der einzige Unterschied zwischen den beiden in der Isotopenzusammensetzung der Kohlenstoffatome.

Tank oder Teller?

Von den hierzulande 11,9 Millionen Hektar Ackerfläche werden 2,04 Prozent, 243.000 Hektar, zur Bioethanol-Produktion genutzt. Laut des BDBe reichen 0,5 bis 0,7 Millionen Hektar, um den Ethanolbedarf Deutschlands für E10 zu decken. Für einen Liter Ethanol sind rund 2,5 Kilogramm Getreide erforderlich (bzw. 2,4 Kilogramm Körnermais oder 9,3 Kilogramm Zuckerrüben oder 11,4 Kilogramm Zuckerrohr). Mais nimmt mit seinen 15.000 Hektar lediglich 0,23 Prozent der gesamten Getreideanbaufläche ein. Insgesamt sechs Prozent des in Deutschland angebauten Mais werden für die Ethanolherstellung genutzt. Getreide (ohne Mais) kommt hingegen auf 202.000 Hektar und Zuckerrüben auf 26.000 Hektar.

Weltweit sieht das Ganze laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft etwas anders aus. Ca. 162 Millionen Tonnen Getreide, sprich neun Prozent der weltweiten Getreideernte, werden für die Bioethanol-Produktion verwendet. Rund 17 Prozent der Maisernte wird für die Treibstofferzeugung verwendet. Allein in den USA landet fast die Hälfte des angebauten Mais im Tank. Beim Zucker, dem eigentlichen Energielieferanten, entfallen sogar ganze 30 Prozent der Welterzeugung auf die Produktion von Ethanol.

Trotz des verhältnismäßig geringen Treibstoff-Ackerland-Anteils in Deutschland bleibt dennoch ein fader Beigeschmack. Denn aus den 43 Tonnen Silomais (ganze Pflanze), die innerhalb eines Jahres auf einem Hektar geerntet werden, können entweder 60.000 Hühnereier, 15.000 Liter Kuhmilch, 30 Mastschweine oder sechs Mastrinder gewonnen werden. Wird die gleiche Fläche zur Energiegewinnung genutzt, können aus den acht Tonnen Körnermais etwa 16.000 Kilowattstunden Strom oder rund 3,5 Tonnen Bioethanol resultieren.