"Die Lage ist bei weitem nicht so kritisch wie befürchtet", sagte Shell-Sprecherin Cornelia Wolber der Nachrichtenagentur dpa. "Das war Panikmache von den Mineralölunternehmen", wetterte ADAC-Sprecher Otto Saalmann. Allerdings schlugen die Benzinpreise zumindest in einem Fall Kapriolen: An einer Tankstelle in Filderstadt kostete ein Liter Super 9,99 Euro. Weil nur noch geringe Mengen Super vorrätig waren, sollten die Kunden nach Polizeiangaben vom Tanken abgehalten werden.
Nur Panikmache der Mineralölindustrie
Punktuelle Engpässe beim Benzin zu Feiertagen wie Ostern seien normal, sagte der Sprecher des Verkehrsclubs ADAC. "Es ist zwar selten, dass das Benzin ausgeht, aber es kommt immer mal wieder vor". Mit dem Fahrverbot für Lastwagen könne eine Knappheit nicht erklärte werden, meinte der Sprecher. "Das gibt es in jedem Jahr zu Ostern". Rainer Hillgärtner, Sprecher des Auto Club Europa, meinte, das erinnere an den Schwarzmarkt: "Dass Weltkonzerne in einen Versorgungsengpass hineinstolpern, wie Betrunkene in einen Dorfteich, ist kaum zu glauben. Dem Grunde nach müsste jetzt die Gewerbeaufsicht von Amtswegen Ermittlungen aufnehmen. Das gilt auch für falsche Preisangaben und Wucherpreise an den Zapfsäulen".
Umstellung auf Sommersprit
Die "Welt am Sonntag" hatte zuvor von Versorgungsengpässen bei Super, Superplus und E10 berichtet. Aral-Sprecher Tobias Wolny bestätigte der dpa am Sonntag: "Aufgrund der verstärkten Nachfrage nach Kraftstoffen über die Feiertage kann es zu vorübergehenden Leerständen kommen." Die Spediteure bemühten sich aber nach Kräften, Leerstände zu vermeiden und betroffene Tankstellen schnellstmöglich wieder zu beliefern.
Shell-Sprecherin Wolber sagte nun, logistische Probleme gebe es schon, seit E10 vor sechs Wochen eingeführt wurde. Viele Kunden hätten in dieser Zeit Superplus nachgefragt, dieser Kraftstoff lagere aber mittlerweile in kleineren Tanks. Mancherorts habe es deshalb schon in den vergangenen Wochen zwei bis drei Mal am Tag Nachlieferungen gegeben. Viele Autofahrer tanken weiterhin kein E10.
Zum Osterwochenende seien zudem weitere Punkte hinzugekommen, sagte Wolber. Dazu zähle der Osterreiseverkehr, vor allem bei dem schönen Wetter. Tanklastwagen dürfen an Feiertagen nicht fahren. Und: Die Umstellung der Tankstellen "von Winterware auf Sommerware" steht an, die "alte Ware" in den Tanks muss also leerlaufen.
Was klingt wie der Saisonwechsel im Mode-Einzelhandel, hat folgenden Hintergrund: E10-"Winterware" darf regulär zwischen dem 16. November und dem 15. März verkauft werden. Daran schließt sich eine Übergangsfrist bis zum 30. April an. Vom 1. Mai an darf die Branche nur noch die E10-"Sommerware" an den Autofahrer bringen - bis zum Herbst, wenn wieder auf Winterware umgestellt wird.
Der wichtigste Unterschied zwischen Winter- und Sommerware ist der Dampfdruck: Dieser beträgt im Winter bis zu 90 Kilopascal, im Sommer maximal 60 Kilopascal. Damit auch bei eisigen Winter-Temperaturen optimale Kaltstarts möglich sind, werden Winterbenzin zusätzliche flüchtige Substanzen zugegeben - sie sorgen für höheren Dampfdruck im Motor.
All diese logistischen Herausforderungen führten dann wohl auch zum Preisschock in Filderstadt. Zwar seien an den Zapfsäulen Hinweise angebracht worden, kein Superbenzin zu nehmen, erklärte die Polizei. Doch zwei Kunden tankten dennoch und fielen an der Kasse aus allen Wolken: Eine Frau sollte für 20 Liter Superkraftstoff rund 200 Euro bezahlen. Ein anderer Kunde tankte 10 Liter und sollte rund 100 Euro hinblättern.
Beide weigerten sich zunächst zu bezahlen und riefen stattdessen die Polizei. Der Mitarbeiter der Tankstelle war sich laut Polizei keiner Schuld bewusst, da er keinen Einfluss auf die Kraftstoffpreise habe. "Die Preise werden von der Zentrale eingestellt", sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage. Die Kunden jedenfalls bezahlten ihren Einkauf und hoffen nun auf eine gütliche Einigung. An der Tankstelle wollte sich am Montagmittag niemand zu dem nächtlichen Vorfall äußern.
Teilweise leere Tanks
Kritisch wurde die Lage unter anderem für die Autofahrer an einer Tankstelle im Hamburger Stadtteil Stellingen: Sie wurde beim Ansturm der Osterurlauber leer getankt. "Es gibt keinen Sprit mehr", sagte ein Mitarbeiter der Esso-Tankstelle in der Koppelstraße am Montagnachmittag. Dies sei bislang noch nie vorgekommen. "Vor Ostern wurde wohl zu viel getankt." Da an Feiertagen keine Tanklaster unterwegs sein dürfen, ließ der Nachschub auf sich warten.
In und um Stuttgart hatten 3 von 10 Tankstellen keinen Super- oder E10-Kraftstoff mehr. Bei 5 war dagegen noch genügend Benzin vorhanden. Im Raum Heidelberg, Mannheim und Ludwigshafen gab es bei einer von zehn Tankstellen kein Superbenzin mehr. An einer Shell-Tankstelle in Eppelheim (Rhein-Neckar-Kreis) ging der Biosprit E10 aus. Der in der "Bevölkerung noch recht ungeliebte Kraftstoff" würde nach dem rasanten Anstieg der Benzinpreise nun eine günstige Alternative bieten und die Kunden würden zumindest bei ihm den Biosprit verstärkt kaufen, meinte der Tankwart. Nun müsse die Tankstelle aufrüsten.
An den bayerischen Autobahntankstellen sprachen die meisten Betreiber von ausreichenden Tankfüllungen; vereinzelt gab es leichte Spritmängel. "Ein Tank ist leer, sonst noch gut gefüllt und keine weiteren Engpässe zu erwarten", hieß es etwa am Autohof Thurnau bei Kulmbach (A 70). Ein Tankstellenbetreiber an der A8 nahe Bad Reichenhall räumte zwar ein, die Feiertags-Kapazitäten seien "knapp bemessen" gewesen. Aber bis zur neuen Lieferung in der Nacht zum Dienstag reiche es allemal.
Minister kritisiert Panikmache
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat Warnungen vor angeblichen Lieferengpässen an Ostern scharf kritisiert. Der "Bild"-Zeitung sagte Ramsauer: "Die Osterpanik der Mineralölkonzerne war unnötig. Statt die Autofahrer zu verunsichern, sollten sich die Ölmultis lieber um eine ausreichende Versorgung kümmern. Jeder Kaufmann muss schauen, dass er genug Ware hat - auch zu Ostern." Die Mineralölwirtschaft habe "dieselbe Schuldigkeit", rügte Ramsauer.