Wendemanöver mitten auf der Bundesstraße, Tempo 300, eine Armada von Streifenwagen und ein Hubschrauber jagen den Unbekannten am Steuer eines mehr als 600 PS starken AMG. Das liest sich nicht nur wie ein Drehbuch, es gehört ganz sicher auf die Kinoleinwand. Und ganz sicher nicht auf die Autobahn 81 bei Stuttgart – doch genau dort hat sich das waghalsige Spektakel zugetragen.
In der Nacht des 21. Januar richten Beamte der Polizei an der Anschlussstelle Stuttgart-Zuffenhausen eine Verkehrskontrolle ein, die zu einem Rückstau auf der Überleitung von der B 10 zur Folge hat. In der Schlange befindet sich auch ein schwarzer Mercedes-AMG GT 63 S, der plötzlich wendet und als Falschfahrer auf die Bundesstraße zurückfährt. Bis die ersten Notrufe bei der Polizei eingehen, dauert es nicht lange.
Erst mit 300 km/h, dann zu Fuß
Der AMG-Fahrer flieht, verfolgt von einer steigenden Zahl Streifenwagen, auf der A81 in Richtung Heilbronn und wieder zurück in Richtung Leonberg. Die Hatz verlagert sich mit halsbrecherischem Tempo auf die A8 in Richtung München. Mit fast 300 km/h ist der AMG kurz davor, selbst den mittlerweile hinzugezogenen Polizeihubschrauber abzuhängen. An einer Anschlussstelle im Kreis Göppingen fährt der Flüchtige ab, verlässt sein Auto und verschwindet zu Fuß. Die Suche läuft mithilfe einer Wärmebildkamera aus der Luft weiter, doch erfolglos. Gegen 3:30 Uhr geben die Beamten auf, widmen sich der Auswertung von Hinweisen aus der Bevölkerung und beginnen mit den Ermittlungen.
Zehn Tage später klingelt es an der Tür eines 37-jährigen Autohandel-Mitarbeiters. Jenes Autohandels, der den schwarzen AMG geleast hat. Der Vorwurf: Straßenverkehrsgefährdung und Verdacht auf verbotenes Kraftfahrzeugrennen. Den Grund seiner Flucht liefert der wortlose Tatverdächtige indirekt mit: Fahren ohne Fahrerlaubnis. Den Bereich der Ordnungswidrigkeiten haben wir damit längst verlassen – hier geht es um handfeste Straftaten. Eine dreistellige Zahl an Tagessätzen (ein Tagessatz entspricht dem Monats-Nettoeinkommen des Beschuldigten heruntergerechnet auf einen Tag, Anm. d. Redaktion) und/oder eine mehrmonatige Freiheitsstrafe stehen für diese Vergehen zur Debatte. Vorerst bleibt der 37-Jährige allerdings auf freiem Fuß. Das Corpus Delicti, den AMG GT 63 S, können Sie sich indes in unserer Fotoshow oben im Artikel ansehen – aber kommen Sie bitte nicht auf dumme Gedanken.
Fazit
Fahren ohne Fahrerlaubnis ist kein Kavaliersdelikt. Doch der mutmaßliche Raser hat das Strafmaß im Laufe seiner Flucht in weite Höhen getrieben. Wer so unverantwortlich mit der eigenen Sicherheit und der aller anderen Verkehrsteilnehmer umgeht, sieht seinen Führerschein hoffentlich nie wieder.