Rückruf Ford Kuga 2.5 PHEV und FHEV: Superkriechverhalten

Rückruf Ford Kuga 2.5 PHEV
„Superkriechverhalten“ wegen Software-Fehler

Die Rückrufe beim Hybrid-Kuga nehmen kein Ende. Es begann mit defekten Pleuellagern und nicht abschaltenden E-Motoren. Nun macht die Software Zicken.

Ford Kuga PHEV
Foto: Arturo Rivas

Die aktuelle Kuga -Generation – speziell deren Hybrid-Varianten – bereiten sowohl dem Hersteller als auch den Kundinnen und Kunden weiterhin großen Kummer. Erneut muss die Plug-in-Hybridversion des Kompakt-SUV in die Werkstatt. Einem Ford-Sprecher zufolge liegt die Ursache in der Software des "Power Control Module" (PCM). Diese kann unter Umständen veranlassen, dass das Fahrzeug zum Stillstand gebracht wird. Der anschließende Notbetrieb führe nach Feldberichten zu ungewollter Beschleunigung oder "Superkriechverhalten".

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Ford führt diesen Rückruf intern unter dem Code "24S33"; in der offiziellen Datenbank des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) taucht er aktuell nicht auf. Betroffen sind Medienberichten zufolge weltweit 13.544 Exemplare aus dem Bauzeitraum August 2019 bis Januar 2023. Etwa 3.600 davon sind in Deutschland zugelassen. Um das Problem zu beheben, erhält das PCM eine erneute Aktualisierung.

Rückruf des Rückrufs

Besonders ärgerlich für die Kundschaft: Es handelt sich hier quasi um den Rückruf des Rückrufs. Das nun als fehlerhaft identifizierte PCM-Software-Update erhielt der Hybrid-Kuga im Sommer 2023 im Rahmen einer Aktion, die Ford unter dem Code "23S27" durchführte (KBA-Referenznummer 13012). Das Problem damals: Indem sich der Elektromotor im Falle eines Motorschadens des Verbrenners nicht vom Hybridantrieb abschaltete, konnte es zum Bruch der Motorölwanne oder des Motorblocks und zum Austritt von Motoröl kommen. Dadurch bestand Brandgefahr.

Der damals ungleich größere Rückruf betraf weltweit 336.754 Fahrzeuge, 54.371 davon in Deutschland. Neben dem Kuga waren die Baureihen Galaxy und S-Max betroffen; auch diese Autos wurden zwischen 2019 und 2023 produziert. Das Problem rief seinerzeit Vorfälle mit Sach- und/oder Personenschäden hervor und wurde vom KBA überwacht.

Motorschäden und Feuer drohten

Dass es überhaupt zu den erwähnten Motorschäden kommen konnte, hing wiederum mit einem Problem aus dem Jahr 2022 zusammen. Beim 2,5-Liter-Duratec-Benzinmotor konnte ein Defekt des Pleuellagers den Motorblock oder die Ölwanne beschädigen, was unter Umständen zum Austritt von Öl und/oder Kraftstoffdampf führte. Aufgrund des Designs des Motor-Unterbodenschutzes und des aktiven Kühlergrill-Verschlusssystems (Active Grill Shutter) konnte sich das Öl oder der Benzindampf unter bestimmten Betriebsbedingungen unter der Motorhaube sammeln.

Die leicht entzündlichen Flüssigkeiten konnten Ford zufolge zu Zündquellen – sprich: zum heißen Auspuff – wandern, was möglicherweise einen Brand unter der Motorhaube, ein Schmelzen von Bauteilen oder Rauchentwicklung verursachte. Dem Hersteller waren damals europaweit drei Vorfälle bekannt, "bei denen ein Brand unter der Motorhaube durch einen Motorschaden ausgelöst wurde", hieß es in einem Schreiben an die Kunden betroffener Fahrzeuge. Ford hatte für die entsprechenden Fahrzeuge jedoch kein Fahrverbot verhängt.

Dieses Modell war vom ersten Rückruf betroffen:

  • Ford Kuga 2.5l aus dem Produktionszeitraum (Werk Valencia) 02.08.2019 bis 13.06.2022 (weltweit: 126.511 Fahrzeuge, deutschlandweit: 36.429 Fahrzeuge)

Als Abhilfemaßnahme wurden im ersten Schritt zusätzliche Abflusslöcher in den Unterbodenschutz des Motors gebohrt, sodass sich dort kein Öl oder Kraftstoff mehr ansammeln kann. Außerdem wurde der Active Grille Shutter modifiziert: Indem vier Lamellen entfernt wurden, sollte sich im Fahrbetrieb der Luftstrom zum Motor verbessern und dadurch die Temperatur unter der Motorhaube sinken. "Diese Änderungen haben keinen Einfluss auf die Leistung des Fahrzeugs", betonte ein Ford-Sprecher. Das KBA ließ Ford in Deutschland 36.429 Fahrzeuge zurückrufen. Weltweit waren 126.511 Fahrzeuge betroffen. Dieser Rückruf ist in der KBA-Datenbank unter der Referenznummer 11973 und unter dem Hersteller-Code 22S47 zu finden.

Bereits 2020 machte die Plug-in-Hybrid-Version Ärger: Defekte am Hochvolt-Akku und an Bauteilen der Laderegelung hätten einen Fahrzeugbrand auslösen können. Die Folge war ein Rückruf-Debakel, in dessen Zuge die Antriebsbatterie getauscht werden musste. Die Aktion zog sich bis weit hinein ins Jahr 2021 und kostete den Autohersteller viel Geld – auch deshalb, weil Ford seine Kunden mit Tankkarten besänftigt hatte.

Kundenkritik an Abhilfemaßnahme

Die Lösung des technischen Problems der drohenden Motorschäden kommt bei Teilen der Kundschaft allerdings überhaupt nicht gut an. "Somit wird eine Umweltverschmutzung in Kauf genommen", heißt es in einer E-Mail eines betroffenen und "fassungslosen" Kunden, die auto-motor-und-sport.de vorliegt. "Eine Abhilfe des Problems sehe ich damit nicht. Lediglich eine Verschiebung und Entstehung eines weiteren Problems."

Mit dieser "auf den ersten Blick nachvollziehbaren" Beschwerde konfrontiert, beschwichtigte Ford allerdings: Nicht die Löcher im Unterboden seien die eigentliche zentrale Abhilfemaßnahme, sondern die Modifikationen am aktiven Kühlergrill. "Das Thema Unterboden hat in diesem Zusammenhang aus technischer Sicht eine nachgeordnete Bedeutung und ist als eine begleitende, präventive Maßnahme zu verstehen", sagte ein Sprecher. Der Hersteller rechnete damals nicht damit, dass dadurch zusätzliches Öl in die Umwelt gelange.

Gab es gar keinen "Defekt des Pleuellagers"?

Überhaupt sei das technische Problem nicht so schwerwiegend gewesen, wie es den Anschein hatte. "Anhand unserer Analysen sehen wir kein Qualitätsproblem beim Motor. Daher werden auch keine Maßnahmen am Motor umgesetzt", sagte der Ford-Sprecher. Hauptanlass für den Rückruf sei also nicht das "Motorthema" gewesen, sondern die mangelhafte Durchströmung des Motorraums – mit der Folge, dass dort potenziell eingeschlossene Kraftstoff-/Ölpartikel nicht optimal abgeführt werden konnten. Das hätte im Umkehrschluss jedoch bedeutet, dass es den "Defekt des Pleuellagers", den Ford in einer ersten Reaktion selbst so nannte, gar nicht gegeben hätte.

Wegen desselben technischen Problems hatte Ford Anfang Juli 2022 in den USA ebenfalls einen Rückruf veranlasst. Dort waren 100.689 Exemplare des Escape (so der Name des Kuga in Nordamerika) sowie des Kompakt-Pick-ups Maverick und des von Fords Edelmarke Lincoln angebotenen Modells Corsair betroffen. Die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA riet betroffenen Besitzern seinerzeit, "das Fahrzeug abzustellen und den Motor so schnell wie möglich abzuschalten, wenn sie unerwartete Motorgeräusche hören, einen Leistungsabfall des Fahrzeugs feststellen oder Rauch sehen."